Thesenpapier: Erst Inhalte planen, dann die Struktur

Inhalte im Internet sind nicht mehr in Kategorien zu fassen. Das droht auch den Intranets der Unternehmen. Doch davor schließen die Verantwortlichen die Augen und pressen ihr Wissen in Strukturen, die bald nicht mehr zu verwalten sein werden.

Der Denkfehler des Informationszeitalters: Man baue zuerst eine Struktur und überlege dann, wie die Inhalte hinein passen.

Solches Verhalten ist zu verstehen. Wer sich in den Morast der Datensammlungen wagt, geht schnell verloren. Und deshalb baut er eine Struktur, ein Gerüst, an dem er sich in das Wissen hineinhangeln kann. Das kommt dem menschlichen Streben nach festen Regeln, Anweisungen und Patentlösungen entgegen. So haben wir es auch in der Schule gelernt. Erst eine Gliederung aufschreiben und dann anhand dieser Gliederung einen Aufsatz verfassen.

Doch was sich eignet, Gedanken zu ordnen, versagt wenn es darum geht, Information zu finden. Und das Internet dient nicht dazu, die Gedanken der Site-Betreiber zu ordnen, sondern dazu, Information zu finden.

Welcher Fischer knüpft ein Netz, ohne zu wissen, wie groß die Fische sind, die er fangen will? Er wird erst einmal nachsehen, welche Fische es wo gibt und richtet dann seine Fangmethode nach den Fischen. Genauso gilt es die Information im Netz zu erschließen: Erst einmal nachsehen, was da ist und feststellen, wonach man sucht. Und dann das Werkzeug bauen. Wer von vornherein seine Information in starre Strukturen presst, vereitelt diesen Vorgang. Allenfalls eine Suchfunktion erlaubt dann noch, im Trüben zu fischen.

Das schlimmste an den vorgefertigten Denk- und Suchmustern: Die Strukturen spiegeln nur die Denkweise einiger Personen in einem Unternehmen wieder. Und das ist nicht nur bei der Suche nach Information fatal sondern auch beim Herstellen und Einsortieren von Inhalten. Wer schon einmal eine „wo gehört nun dieser Text hin“-Diskussion mit erlebt hat, weiß, wie anstrengend, kostenintensiv und gefährlich diese fixen Strukturen sein können. Denn jeder Mitarbeiter im Intranet und jeder Suchende im Internet interpretiert die Strukturen anders. Das Resultat: Informationen gehen in den festen Strukturen verloren, wenn sie in den falschen Rubriken landen. Das kann bitter sein und teuer werden.

Wie labil und schwierig zu handhaben Strukturen sind lehren die Suchverzeichnisse. Wer mag noch mühsam von Menüpunkt zu Menüpunkt hangeln, nur um dann festzustellen, dass es das gesuchte Thema gar nicht gibt.

Geradezu grotesk wird die Suche in Web.de, wenn man nach „Privaten Homepages“ sucht: Man bekommt das Alphabet vorgesetzt. Der Klick auf einen Buchstaben führt zu einer Liste mit Städten. Den Web.de-Betreibern ist kein Vorwurf zu machen — das ist ihre Art der Kapitulation vor der Inhalte-Flut. Wer vermag noch, täglich Tausende von Seiten zu sichten und einzuordnen?

Meine These: Das Web und die Informationen sind nicht mehr in Kategorien zu fassen. Und genauso geht es bald den Intranets der Unternehmen. Die werden bald an die Grenzen der Kategorien stoßen und müssen nach neuen Ansätzen suchen.

Doch bislang herrscht verhaltene Ignoranz. Entscheider und Geschäftsführer machen sich nicht ausreichend Gedanken zum Thema Informations-Sammlung im Intranet und Internet. Sie denken nicht voraus.

Wenn es Intranet-Fortbildung in den Unternehmen gibt, beschränkt die sich meist auf die Bedienung der Software und vielleicht noch auf das Kategorisieren der Information. Doch eine inhaltliche Schulung findet selten statt. Und eine Auseinandersetzung mit Inhalten und deren Aufbereitung scheitert an der Mülleimer-Mentalität. Einmal geschrieben landen die Information im Netz. Damit stehen sie im Internet und das Management ist zufrieden.

Unternehmen sollten sich Gedanken um Inhalte machen, bevor sie Programme kaufen und Strukturen schaffen. Gerade jetzt, da die Hektik aus dem Internet-Geschäft gewichen ist, darf man sich ruhig einen Monat mehr Zeit nehmen und sich mit dem Thema Inhalte auseinander setzen. Netz-Angebote wie Intranets brauchen dynamische Strukturen, die sich an die vorhandenen Inhalte anpassen. Mit einigem Überlegen und der richtigen Software lässt sich so etwas schon bewerkstelligen. Wichtig ist nur, sich vorher Gedanken zu machen.

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