Oft ist es ein Gedanke, das mir im Kopf herumgeht. Eine ganze Weile. Erst ist es ein kleiner Gedankenblitz, zum Beispiel beim Spazieren mit den Hunden. Die Idee versteckt sich ganz schnell wieder. Aber er kommt zurück, mal nachts, mal beim Drehen, mal beim Laufen. Dann sieht er sich kurz um, schnappt sich noch ein zwei weitere Gedanken und verkrümelt sich wieder.
Und dann ist er plötzlich da und will heraus. Dieser Gedanke mit all seinen Kumpels — immer noch nicht greifbar aber mit der Anweisung: “Mach etwas aus mir!”
Der schönste Teil des Schreibens. Einfach anfangen und schreiben. Ganz wichtig dabei: Alle Korrektur-Mechanismen ausschalten. Wortwiederholungen? Wurst! Schachtelsatz? Ok! Unlogisch? Na gerne! Füllwörter? Hau rein!
Beim Schreiben muss ich mich selbst aushalten
Die innere Korrektur abzuschalten erfordert einige Übung, aber es ist mein einziger Zugang zum Gedanken. Nur wenn ich entspannt bin, um die Idee herum schreibe, mich ihr vorsichtig nähere. Nur dann verliert sie die Scheu und erlaubt, dass ich mit ihr spiele.
Mit einer Idee, einem Thema spielen? Das machen auch Musiker. Ich stelle mir das ganz ähnlich vor, wenn ich schreibe. Ich wiederhole, ich kreise um die Idee, schweife ab, kehre wieder zurück und lasse alles wirken.
Das Wichtige ist, mich hier in keiner Weise einzuschränken. Ich darf schreiben, was mir in den Sinn kommt. Leider läuft bei vielen von uns ständig die Autokorrektur mit. Das ständige sich selbst hinterfragen ist so zerstörerisch. Denn alle Fragen kann ich auch stellen, nachdem ich den Text geschrieben habe. Denn der Text ist nicht in Stein gemeißelt. Er ist im Computer. Und ich habe einen Editor.
Den Text los lassen Irgendwann merke ich, dass ich nicht mehr weiß, was ich noch schreiben will. Das ist der Zeitpunkt, aufzuhören, den Text zu schließen und ein Weilchen liegen zu lassen — eine Stunde oder eine Nacht.
Dann ist der Gedanke endlich frei und aus meinem Kopf heraus. Wenn ich ihn später lese, sehe ich ihn von einem neuen Standpunkt.
Und dann beginnt die Feinarbeit beim Schreiben
Ich lese den Text immer und immer wieder. Nicht von vorne nach hinten. Sondern zufällig. Absatzweise. Ich muss weglassen. Streichen. Oft lösche ich Passagen, die mir beim Schreiben gefallen haben, jedoch nicht zum Text passen. „Kill your darlings“.
Wörter kürzen. Nicht den Rhythmus zerstören. Auch einmal der Schönheit willen ausschweifen. Und doch führen.
So schält sich nach und nach eine Form heraus, der Text bekommt ein Gesicht, eine Form eine Idee — und oft ist das eine ganz andere, als ich sie anfangs hatte. Dann höre ich den Gedanken in meinem Kopf kichern und ich lese die Geschichte noch einmal von vorne bis hinten. Plötzlich passt alles.
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